Digitaler Nachlass: So regeln Sie Ihr Erbe in Social Media und Co.

Was passiert mit unseren Daten, wenn wir einmal nicht mehr sind? Eine aktuelle Studie kommt zu dem Schluss: Am besten, Sie regeln Ihren digitalen Nachlass selbst. Wir verraten, wie Sie Ihr digitales Erbe Schritt für Schritt dokumentieren.

Ein Todesfall reißt nicht nur eine Lücke in eine Familie oder einen Freundeskreis. Er wirft auch die typischen Nachlass-Fragen auf. Wer der Hinterbliebenen ist für was zuständig, wer erbt was? Zum analogen Nachlass kommen in einer digitalen Gesellschaft weitere Rechte und Pflichten hinzu. Was geschieht eigentlich mit Social-Media-Profilen, Online-Verträgen, App-Lizenzen oder Daten aus Wearables und Smart-Home-Installationen, wenn der Mensch dahinter verstirbt?

Die Rechtsprechung befand in der Vergangenheit, dass diese Daten unter das Erbrecht fielen. So entschied der Bundesgerichtshof im Juli 2018 etwa, dass Facebook zur Herausgabe der Log-in-Daten einer Seite gegenüber der Mutter eines verstorbenen Teenagers verpflichtet ist. Den Erben (in diesem Fall die Eltern) musste der Zugang zu dem Benutzerkonto und der darin vorgehaltenen  Kommunikationsinhalten gewährt werden. Dem stehe weder das postmortale  Persönlichkeitsrecht des Toten noch das Fernmeldegeheimnis oder das Datenschutzrecht entgegen. Der Prozess dauerte rund fünf Jahre und kostete die Mutter einiges an Geld und Nerven.

Ein digitaler Nachlass schützt Sie und Ihre Hinterbliebenen

Wollen Sie Ihre Hinterbliebenen vor einem solchen Schicksal schützen, regeln Sie Ihr digitales Erbe am besten selbst. Zu dem Schluss kommt auch „Der digitale Nachlass“, eine aktuelle, durch das Bundesjustizministerium geförderte Studie von Experten des Fraunhofer-Instituts für Sichere Informationstechnologie (SIT) sowie Rechtswissenschaftlern der Universitäten Bremen und Regensburgexternal. Für die Untersuchung prüften die Experten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Online-Anbietern wie PayPal, Microsoft, Apple, Amazon, Sony und Facebook. Der Tenor: Das Bürgerliche Gesetzbuch enthalte theoretisch zwar Regelungen zum Erbe, zu dem auch digitale Daten gehören, wie der BGH ja klargestellt hat – doch nicht immer machten es die Anbieter den Erben einfach, die Rechte einzufordern.

Daten: das „Gold des 21. Jahrhunderts“

Hinzu kommt: Vielleicht wollen Sie die Kontrolle über Ihre Daten selbst in die Hand nehmen und selbst entscheiden, wie mit Ihrem digitalen Nachlass verfahren wird.

Schließlich gelten Daten als „Gold des 21. Jahrhunderts“. Das Wissen über Zielgruppen und deren Verhalten im digitalen Raum etwa ist vielen Unternehmen hohe Summen wert. Und auch für Sie und Ihre Familie können Daten, die Sie im Internet speichern, einen Wert haben. Wenn es darum geht, wer Ihre Social-Media-Profile betreut, ist dieser eher ideell zu bemessen. Doch es kann sich auch um Materielles wie Online-Verträge, Guthaben bei E-Wallet-Anbietern oder Downloads und App-Lizenzen handeln. Es kann sogar sein, dass Ihre Erben im Falles Ihres Todes für ausstehende Rechnungen aufkommen müssen.

Denken Sie auch daran: Nach dem Tod können Sie selbst nicht mehr auf Ihre Daten Acht geben und Ihre Hinterbliebenen bekommen im Zweifelsfall von einem Missbrauch Ihrer persönlichen Daten gar nichts mit. Um die Hinterbliebenen vor potenziellen Schäden zu schützen, hilft es, eine klare Regelung für Ihre Accounts zu finden. Eine Nachlassverwaltung 2.0 kann also aus verschiedenen Gründen sinnvoll sein.

Digitaler Nachlass in drei Schritten

Ihr digitales Erbe zu regeln, ist nicht sehr aufwändig. Gehen Sie in dieser Reihenfolge vor – und räumen Sie gleichzeitig Ihre Daten auf.

Schritt 1 zum digitalen Nachlass: Daten-Inventur betreiben

Verschaffen Sie sich eine Übersicht darüber, was zu Ihrem digitalen Erbe gehören könnte: Social-Media-Accounts, Online-Abos, Internet-Services, aber auch Fotos, E-Mails und sonstige Daten auf Ihrem Rechner, Tablet oder Smartphone. Nutzen Sie die Daten-Inventur direkt dafür, die Daten und Konten zu löschen, die Sie nicht weiter nutzen wollen.

 Schritt 2 zum digitalen Nachlass: Zugangsdaten sichern und archivieren

Legen Sie eine Liste an, in der Sie alle Passwörter und sonstige Zugangsdaten sichern. Alternativ können Sie auch einen Passwort-Manager nutzen. Archivieren Sie zusätzlich Zahlungsinformationen und weitere hilfreiche Infos. Speichern Sie diese Liste so, dass Ihr Nachlassverwalter diese schnell findet. Achten Sie darauf, diese Daten gut zu sichern, damit Unbefugte keinen Zugriff darauf haben. Sie können Sie zum Beispiel auf einem USB-Stick ablegen und diesen zusammen mit Ihrem Testament aufbewahren.

Schritt 3 zum digitalen Nachlass: ein Testament verfassen

Halten Sie Ihren digitalen Nachlass schriftlich fest – und schreiben Sie auf, was mit Ihren Daten geschehen soll. Was soll mit Social-Media-Profilen passieren, wollen Sie einen Gedenk-Account einrichten lassen? Welche Daten und Konten sollen gelöscht werden, welche wollen Sie anderen übertragen? Wenn Sie es wünschen, können Sie auch einen Erben für Ihren digitalen Nachlass oder einen Nachlassverwalter bestimmen. Sprechen Sie vor dem Verfassen des Testaments am besten einmal mit dem Menschen darüber, wie Sie sich Ihr digitales Erbe vorstellen. Achtung: Auch wenn es um Ihren digitalen Nachlass geht, muss Ihr Testament von Ihnen persönlich von Hand geschrieben – und unterschrieben – sein.

Nachlasskontakte hinterlegen

In manchen sozialen Netzwerken, zum Beispiel bei Facebookexternal oder YouTube, können Sie einen sogenannten Nachlasskontakt anlegen. Dieser Mensch kann Ihr Profil nach dem Tod pflegen und verwalten: zum Beispiel Beiträge verfassen, Profil- oder Titelbild tauschen oder auch die Löschung Ihres Profils beantragen. Nutzen Sie Google als E-Mail-Anbieter, können Sie Kontoinaktivitätsmanagerexternal bestimmen. Hier werden die Menschen, die Sie in die Liste eintragen, benachrichtigt, sobald Sie sich über einen bestimmten Zeitraum nicht mehr eingeloggt haben.

Viel braucht es nicht, um den digitalen Nachlass zu regeln. Ihre Hinterbliebenen werden sehr froh sein, wenn Sie die wichtigen Entscheidungen schon gefällt haben. Halten Sie Ihre Entschlüsse vorausschauend fest, bleibt im Falle eines Falles Zeit für die wichtigeren Dinge im Leben – die Trauerarbeit zum Beispiel.

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Gitti
08.07.2022

Dankeschön für diesen wichtigen Tipp. Wird in der Regel außer Acht gelassen…

Simon vom Trusted Shops Team
08.07.2022

Hallo, vielen Dank für Ihr nettes Feedback. Es freut uns sehr, dass wir Ihnen mit unserem Artikel weiterhelfen konnten. Bleiben Sie gesund und sicher. Beste Grüße, Simon vom Trusted Shops Team

ChrisTine
02.09.2020

Der Artikel ist sehr toll verfasst, und hat mich nochmal erinnert das ich noch etwas nachholen muß....

Julian Medert
02.06.2021

Hallo liebe*r Leser*in,
vielen Dank für Ihr Feedback. Wir freuen uns, dass der Artikel Ihnen gefällt und wünschen weiterhin viel Spaß beim lesen!
Viele Grüße aus Köln, Julian vom Trusted Shops Team

ChrisTine
02.09.2020

Ja ich habe Passwortlisten und pflege sie immer alle 4-5 Monate. Im Testament habe ich noch nichts hinterlegt, werde es jetzt aber schnellstens nachholen. Bei Facebook habe ich einen Nachlass-Verwalter benannt. Alle anderen Konten können gerne gelöst werden.

HJSTT - Exzellenter Beitrag - zumindest für's dringende Anregen und wichtige digitale Nachlass-Nachdenken
02.09.2020

Exzellenter Beitrag - zumindest für's Anregen und Nachdenken eines meist sträflich vernachlässigten Themas. Wer gerade dabei ist, Testament(e) + Vorsorgevollmacht(en) + Patientenverfügung(en) zhu bearbeiten, darf den "digitalen Nachlass" auf keinen Fall übersehen. Selbst, wenn es einen PW-Manager im Einsatz gibt, sind trotzdem noch Feinheiten zu beachten. Danke, Deborah Hucht, für diesen wertvollen Beitrag!

Katinka vom Trusted Shops Team
09.03.2020

Herzlichen Dank für das positive Feedback und einen guten Wochenstart wünschen wir! :)

Marion
02.09.2020

Vielen Dank für die ausführlichen Infos. Diese Thematik erlangt immer größere Bedeutung und somit steigt der Bedarf an Aufklärung, zumal sich in einem Trauerfall kaum ein Angehöriger Gedanken um die eventuell bestehenden Daten aus der Internetnutzung des Verstorbenen machen wird.

Chrissy 23
02.09.2020

Ich bin gut vorbereitet, Passwortmanager, Anweisung zum Löschen aller Daten usw.

Joachim
02.09.2020

Das Thema ist wichtig und überfällig. Es geht nicht nur um Social-Media und Mails sondern auch um die gesmten Online-Verträge mit den unterschiedlichsten Anbietern (egal ob Versandunternehmen oder Versorger). Habe da mit einem Nachlass so richtig Erfahrungen sammeln können / dürfen und deshalb so weit wie möglich alles an Verträgen abgeschafft und arbeite bei Versandunternehmen nur noch als Gastbesteller.

Hannerl
02.09.2020

Danke für den Hinweis und die ausführliche Info. Das ist eine super Idee. Gerne schiebt man das auf den Tag wo man nichts vor hat. Aber wer hat denn nichts vor? Es wird immer geschoben und geschoben.. Vielleicht schaffe ich es jetzt´, im neuen Jahrhundert dies endgültig zu regeln. Denn die Zeit ist für mich / uns nicht mehr unendlich. Der Tag rückt immer näher.

Henry
02.09.2020

Eine sehr ausführliche Info, danke dafür, ich habe ein Teil schon gemacht , damit Erben zugreifen können

Christiane Leifeld
02.09.2020

Noch nicht , da Ich ja erst jetzt erst etwas darüber gelesen habe ! Möchte Ich jetzt aber gerne tun !

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